Ein Bericht in der Seewoche über meine Arbeit, erschienen am 29.April 2020
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ganz sanft und zart
Als Bettina Brüggemann 2006 die Puppenspielertage in Friedrichshafen besuchte, war es um sie geschehen. Zwar interessierte sie sich schon immer für die kleinen Figuren, die auf der Bühne plötzlich zu leben beginnen, und sie fing deshalb während ihrer Ausbildung als Erzieherin selbst zu spielen an. Doch die Begegnung mit Margrit Gysin, der „Grande Dame” und Pionierin des Figurenspiels, sollte ihrem Leben eine Wendung geben. Die Puppenspielerin, die 2017 den
Schweizer Theaterpreis erhielt, vermittelte ihr neue Ideen. Bettina Brüggemann war hingerissen und dem Puppenspiel endgültig verfallen: „Da bin ich heimgekommen und habe gesagt: ´Sven, das will ich machen.`” Sie begann im Internet zu recherchieren und stieß auf die Zürcher Hochschule der
Künste. In Wochenendkursen erlernte sie dort in zwei Jahren unter anderem Stimmbildung, Atemtechnik, Regieführung. Ihr Abschluss-Zertifikat erhielt sie mit Grimms Märchen „Allerleirauh”. Und genau dieses Stück führte sie am vergangenen Sonntagnachmittag in der Billafinger „Gerbe” auf. Viele Erwachsene kamen in Begleitung ihrer Kinder - und etliche ohne. „Puppenspiel ist auch für die Großen etwas”, sagt Bettina Brüggemann. Eine Besucherin kannte ihre Stücke bereits und lobte ihre feine, sensible Art zu spielen. Da sitzt sie nun, die „Märchenfee”, wie Michael Steinwand vom Owinger Kulturkreis in seiner Begrüßung sagt, in einem märchenhaften Gewand, als Schneiderin, die die Geschichte einer Königstochter erzählt. Und während Bettina Brüggemann warmherzig, leise und doch deutlich spricht, wickelt sie an der altertümlich wirkenden Haspel ein langes, buntes Garn auf, das zu dem „roten Faden” der Geschichte wird. Aus dem Nähkästchen vor sich nimmt sie Zwirn und Nadel, um für die Königstochter einen Mantel von „tausenderlei Pelz und Rauchwerk” anzufertigen, für das jedes Tier im Wald ein Stück seines Fells hergab. Plötzlich wird das Nähkästchen zur kleinen Bühne für die Königstochter mit dem güldenen Haar, die vor ihrem Vater flieht. Nun schwenkt die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die Handpuppen über; nur noch sie zählen. Bettina Brüggemann scheint unsichtbar zu werden, während sie ihre Stimme den Figuren leiht: Auf der Flucht schläft die Königstochter im Wald ein. Ein Jäger findet sie und nimmt sie mit auf das Schloss seines Königs. Dort arbeitet die unerkannte Prinzessin als „Aschen
puttel” in der Küche. Wegen ihres seltsamen Mantels erhält sie den Namen „Allerleirauh”. Es gelingt ihr, die Aufmerksamkeit des Königs zu erheischen. Schließlich finden die beiden zueinander und heiraten.
Eine dreiviertel Stunde dauert das Stück, das sich durch eine sehr ausdrucksstarke Präsenz auszeichnet. Immer wieder ist Lachen aus dem Publikum zu hören, beispielsweise wenn der Jäger und der Koch Alois allemannisch sprechen. Neben „Allerleirauh” hat Bettina Brüggemann noch fünf weitere Stücke in ihrem Repertoire, darunter die Geschichte „Es klopft bei Wanja in der Nacht”, die sie im vergangenen Jahr für den Owinger Kulturkreis aufführte. Derzeit schreibt sie an einem eigenen Stück. Dann wird sie dafür wieder neue Handpuppen herstellen müssen; denn: Jede ihrer 15 Figuren ist untrennbar mit einem Charakter verbunden und kann nicht in mehreren Rollen auftreten. Eine Königstochter bleibt für immer eine Königstochter.
Angelika Thiel
Owinger Ortsblatt vom Samstag, 24. November 2018
Ein Bericht über mein Stück " Es klopft bei Wanja in der Nacht" vom 14. November 20017: